K167 | Die Studie "Stigma" von Erving Goffman Teil 2: Ich-Identität und Gruppenausrichtung 3. Februar 2018 Hinweis vom 8.9.2018: Die Kommentare K166 bis K169 zu Goffmans "Stigma" sind neu zu einen einzigen Aufsatz zusammengefasst, in einer verbesserten und zum Teil auch neu geschriebenen Fassung. Der Aufsatz liegt als pdf in der Rubrik Aufsätze vor (47 S.). Siehe den Aufsatz als pdf direkt auch hier: zum_pdf . |
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Hier wird der Kommentar K166 von vor zwei Wochen mit dem 2. Teil fortgesetzt ... Goffman nimmt im ersten Kapitel seiner Studie Bezug auf die soziale Identität, im zweiten Kapitel Bezug auf die persönliche Identität und im dritten Kapitel Bezug auf die Ich-Identität. Die Ich-Identität steht im Zentrum dieses Kommentars K167. Goffman unterscheidet somit drei Ausformungen von Identität. In seiner Studie zum Stigma geht es ja auch um die - wie es im Untertitel der Studie heisst (Nachweis im gelben Kasten) - Techniken der Bewältigung beschädigter Identität. Goffmans Studie umfasst insgesamt fünf Kapitel, deren letzte zwei dem Versuch gewidmet sind, mit Hilfe des Begriffs der sozialen Abweichung eine Brücke zu bilden, welche das Stigma-Studium mit dem Studium der übrigen sozialen Welt verbindet (Goffman (1963) 2016: S. 156). Diese Brückenbildung wird - entgegen der ursprünglichen Absicht - erst im nächsten Kommentar K168 als 3. Teil zu Goffmans 'Stigma' besprochen. Hier nun geht es um Ich-Identität und Gruppenausrichtung: 8. Ich-Identität, die dritte Form der Identität neben der sozialen und der persönlichen IdentitätGoffman umschreibt die Ich-Identität folgendermassen: |
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In dieser Abhandlung wurde ein Versuch unternommen, zwischen sozialer und persönlicher Identität zu unterscheiden. Beide Identitätstypen können besser verstanden werden, wenn man sie gleichstellt und sie mit dem kontrastiert, was Eriksen (gemeint ist Erik H. Eriksen, der deutsch-amerikanische Psychoanalytiker, kw) und andere 'empfundene' oder Ich-Identität genannt haben, nämlich das subjektive Empfinden seiner eigenen Situation und seiner eigenen Kontinuität und Eigenart, das ein Individuum allmählich als ein Resultat seiner verschiedenen sozialen Erfahrungen erwirbt. Soziale und persönliche Identität sind zuallererst Teil der Interessen und Definitionen anderer Personen hinsichtlich des Individuums, dessen Identität in Frage steht. (...) Auf der anderen Seite ist Ich-Identität zuallererst eine subjektive und reflexive Angelegenheit, die notwendig von dem Individuum empfunden werden muss, dessen Identität zur Diskussion steht. (...) Natürlich konstituiert das Individuum sein Bild von sich aus den gleichen Materialien, aus denen andere zunächst seine soziale und persönliche Identifizierung konstruieren, aber es besitzt bedeutende Freiheiten hinsichtlich dessen, was es gestaltet. Der Begriff der sozialen Identität erlaubte uns, Stigmatisierung zu betrachten. Der Begriff persönliche Identität erlaubte uns, die Rolle der Informationskontrolle im Stigma-Management zu betrachten. Die Idee der Ich-Identität erlaubt uns, zu betrachten, was das Individuum über das Stigma und sein Management empfinden mag, und führt uns dazu, den Verhaltensregeln, die ihm hinsichtlich dieser Dinge gegeben werden, besondere Aufmerksamkeit zu widmen. (Goffman (1963) 2016: S. 132f.; Hervorhebungen durch kw) |
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Erving Goffman
(1963) Stigma Aus dem Amerikanischen von Frigga Haug Fr.a.M.: Suhrkamp (1975) 2016 |
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Verkürzt wäre es so zu erklären, dass das Individuum mit Stigma die beiden behandelten Grundprobleme, das der sozialen Identität (Spannungsmanagement) und das der persönlichen Identität (Informationsmanagement), mittels der Ausbildung einer bestimmten Ich-Identität - soweit möglich - für sich zu lösen versucht. Demnach kann das Individuum mit Stigma dank dieser Ich-Identität die in den sozialen Interaktionen erfolgenden Beschädigungen der sozialen Identität (bei diskreditierten Personen) respektive Beschädigungen der persönlichen Identität (bei diskreditierbaren Personen) minimieren. Es lässt sich auch biographisch erklären: Im notwendig werdenden Spannungs- oder Informationsmanagement sammelt das stigmatisierte Individuum Erfahrungen, auf die es reflektieren und in der Folge Verhaltensmuster entwickeln kann, die ihm spannungsfreiere Interaktionen mit den Normalen ermöglichen. Die Hervorbildung einer Ich-Identität meint diesen Prozess. 9. Durch Repräsentanten oder Professionelle schmackhaft gemachte Verhaltensmassregeln (zur Ausbildung einer Ich-Identität)Ausgangspunkt ist die grundlegend schwierige Lage, in der das stigmatisierte Individuum sich befindet:
Das bedeutet zunächst, dass der Prozess des Aufbaus einer Ich-Identität, den jedes Individuum durchläuft, bei stigmatisierten Individuen aufgrund der unklaren Identitäts-Standards besonders schwierig ist. Es wird in den konkreten sozialen Interaktionen ja ganz besonders hin- und hergeworfen zwischen Annahme und Ablehnung, sodass es zuletzt überhaupt nicht recht weiss, was es von sich denken soll. Also wird es versuchen - und das ist der Ausgangspunkt Goffmans für seine Analyse der Ich-Identität von stigmatisierten Personen -, sich eine hilfreiche Doktrin, einen Kodex oder eine Verhaltensmassregel (Goffman benutzt wechselnd alle drei Begriffe) zu eigen zu machen.
Goffman geht - hier ganz soziologisch - davon aus, dass das Individuum nicht nur auf eigene Faust versuchen wird, einen solchen Kodex auszuarbeiten, sondern dass es sich dafür an Dritten orientiert. Dritte präsentieren dem stigmatisierten Individuum mögliche Kodizes, die von Goffman folgendermassen umschrieben werden:
Diese Kodizes werden dem stigmatisierten Individuum nun - so der nächste Schritt von Goffman - vor allem durch bestimmte Repräsentanten, die Goffman auch als Professionelle bezeichnet, schmackhaft gemacht. Auf diese Repräsentanten ist Goffman schon an früherer Stelle in seinem Buch eingegangen:
Wichtig ist der Hinweis, dass Repräsentanten oder Professionelle bei der hier behandelten Thematik der Ausbildung einer Ich-Identität von Goffman primär hinsichtlich der Frage thematisiert werden, auf welche Weise sie dem stigmatisierten Individuum Verhaltensmassregeln für dessen sozialen Interaktionen schmackhaft machen. Repräsentanten oder Professionelle kümmern sich selbstverständlich auch um andere Fragen, beispielsweise um terminologische Fragen - ob man bei Schwerhörigen von 'Tauben' sprechen darf oder doch nur von 'Schwerhörigen' (vgl. dazu Goffman (1963) 2016: S. 36) - oder um bauliche Massnahmen (z.B. Rollstuhlgängigkeit) usw. Um diese anderen Fragen geht es hier explizit nicht. 10. In-group- und Out-group-Ausrichtungen, vermittelt durch RepräsentantenDas 3. Kapitel der Studie von Goffman, das sich um die Ich-Identität dreht, ist übertitelt mit: Gruppenausrichtung und Ich-Identität (Goffman (1963) 2016: S. 132). Die durch Repräsentanten vermittelte Doktrin, die den stigmatisierten Individuen helfen soll, eine hilfreiche Ich-Identität auszubilden und so mit dem besagten grundlegenden Widerspruch-in-sich besser fertig zu werden, ist entweder eher an seinesgleichen - Goffman spricht dabei von In-group-Ausrichtungen (vgl. dazu Goffman (1963) 2016: S. 140ff.) - oder eher an den Normalen - Goffman spricht dabei von Out-group-Ausrichtungen (vgl. dazu Goffman (1963) 2016: S. 143ff.) - orientiert. Wenn eine Doktrin durch Repräsentanten schmackhaft gemacht wird, dann kann diese also entweder besagen, dass das stigmatisierte Individuum sich eher an seinesgleichen (In-group) oder eher an den Normalen (Out-group) orientieren soll. Auf diese Weise wird den stigmatisierten Individuen eine je besondere Ich-Identität präsentiert:
Es gilt an dieser Stelle einzufügen, dass Goffman durch das ganze Kapitel zur Ich-Identität hindurch immer wieder durchblicken lässt, dass er gegenüber der geschilderten Ausbildung einer Ich-Identität vermittels präsentierter Doktrinen oder Verhaltensmassregeln seine Vorbehalte hat. Auf diese Vorbehalte wird an dieser Stelle - zur Vermeidung der Verwirrung, die bei der Lektüre des Kapitels rasch entsteht - aber noch nicht eingegangen. Auf die Vorbehalte wird in den nachstehenden Abschnitten 11 und 12 eingegangen. Im vergleichsweise kurzen Abschnitt zu den In-group-Ausrichtungen (vgl. Goffman (1963) 2016: S. 140-143) erläutert Goffman die zugehörigen politischen Phrasierungen folgendermassen:
Es geht in den politischen Phrasierungen, die in den In-group-Ausrichtungen präsentiert werden, für das stigmatisierte Individuum also darum, dass es das stereotype Attribut stolz zur Schau trägt, so den Stigma-Prozessen entgegen treten und mit Bezug auf sein Auftreten in den konkreten sozialen Interaktionen Klarheit und damit Entspannung schaffen kann. Im Gegensatz zum kurz gehaltenen Abschnitt zu den In-group-Ausrichtungen fällt der Abschnitt zu den Out-group-Ausrichtungen (vgl. Goffman (1963) 2016: S. 143-153) einiges länger aus, und es finden sich darin auch viele Illustrationen mittels Zitaten. Der Längenunterschied dürfte damit zu tun haben, dass Verhaltensmassregeln, die vom stigmatisierten Individuum psychiatrisch einen Spannungsausgleich mit den Normalen einfordern, häufiger präsentiert werden als Verhaltensmassregeln, in denen es um ein politisches Sich-Abgrenzen von den Normalen geht.
Diese von Goffman als psychiatrisch bezeichnete Verhaltensmassregel geht dann so weit, dass Hilfestellungen, die ...
In den psychiatrischen Phrasierungen der Out-group-Ausrichtungen wird den stigmatisierten Individuen also eine Ich-Identität schmackhaft gemacht, worin die Betroffenen alles tun, um die Interaktionen mit den Normalen reibungslos zu halten, sie dazu gegenüber den Normalen gar - wie im Fall, wo sie Hilfe annehmen, die sie gar nicht bräuchten - eine therapeutische Haltung einnehmen. 11. Goffmans Vorbehalte gegen In-group- und Out-group-Ausrichtungen: (Politische) Stilisierung der Andersartigkeit oder (psychiatrische) Herstellung einer Schein-NormalitätBezogen auf die In-group-Ausrichtungen formuliert Goffman seinen Vorbehalt folgendermassen:
Diese Passage ist nicht etwa so zu interpretieren, dass Goffman die beschriebenen In-group-Ausrichtungen (genauso wenig wie dann auch die Out-group-Ausrichtungen) ablehnen würde. Er hält mit Bezug auf die In-group-Ausrichtungen lediglich fest, dass mit der dabei gebildeten politischen oder militanten Ich-Identität das Ziel, die gegebene Andersartigkeit vom Stigma zu befreien, nicht erreicht werden kann. Das empfohlene Vorgehen, einige stereotype Attribute stolz zur Schau zu tragen - wie es im weiter oben Zitierten hiess -, so stolz, wie die Normalen ihre Normalität zur Schau tragen, kann in der unmittelbaren sozialen Interaktion durchaus spannungslindernd wirken (also die soziale respektive persönliche Identität entlasten), doch wird dadurch - so Goffman - die präsentierte Ich-Identität, die kulturell eine 'eigene' Normalität zu etablieren sucht, strukturell vom Normalen erst recht separiert. Man kann es vielleicht gar so sagen (Goffman sagt es nicht so), dass durch die derart hergestellte Ich-Identität die Beschädigung von sozialer oder persönlicher Identität tatsächlich minimiert wird, die Ich-Identität selber die Beschädigung dadurch aber in sich aufnimmt, dass sie das Ziel, die gegebene Andersartigkeit vom Stigma zu befreien, erst recht aus den Augen verliert. Es wäre dementsprechend von einem Transfer der Beschädigung von der sozialen/persönlichen Identität hin zur Ich-Identität zu sprechen (Goffman sagt es nicht so). Die Ich-Identität entlastet die soziale/persönliche Identität, muss sich selber dafür aber umso verschiedener vom sozialen Leben machen. Bezogen auf die Out-group-Ausrichtungen illustriert Goffman seinen Vorbehalt zunächst anhand der Ausführungen eines Krüppels:
Goffman spricht bei alledem in der Folge von einer Schein-Akzeptierung - weil es zu einer vollen Akzeptierung gerade nicht kommen darf -, die ihrerseits die Basis für eine zwischen stigmatisiertem Individuum und Normalen hergestellten Schein-Normalität darstellt (vgl. Goffman (1963) 2016: S. 152). Und wenn die stigmatisierte Person ihre Rolle brav spielt und dabei ihren Platz genau kennt (den sie dann eben nicht - wie im zitierten Fall im Restaurant - ungebührlich ausdehnt), dann funktioniert die Interaktion reibungslos und die soziale/persönliche Identität des stigmatisierten Individuums wird nicht unnötig belastet. Doch basiert diese Interaktion - und darauf will Goffman hinaus - auf einer bedingten Akzeptierung durch die Normalen, das heisst, es wird bloss so getan, als handle es sich um eine volle Akzeptierung (vgl. Goffman (1963) 2016: S. 152f.). Auch hier ist zu sagen, dass Goffman aufgrund seines Vorbehalts solche Out-group-Ausrichtungen nicht etwa ablehnt, sondern gar betont, dass ...
Das Ich des stigmatisierten Individuums muss sich in der Out-group-Ausrichtung somit also auf eine Schein-Normalität einlassen und damit zugeben, dass es in Wirklichkeit doch nicht voll akzeptiert ist, dass die Stigmatisierung - wie sehr sie in der Interaktion hinter der Schein-Normalität auch immer versteckt sein mag - weiterhin besteht. Auch hier und in Analogie zu dem oben für die In-group-Ausrichtungen Festgestellten wäre (wieder über Goffman hinausgehend) zu sagen, dass die Ich-Identität die Beschädigung in sich aufnimmt, um die soziale/persönliche Identität zu entlasten. Auch bei Out-group-Ausrichtungen der Ich-Identität kommt es zu einem Transfer der Beschädigung von der sozialen/persönlichen Identität hin zur Ich-Identität (so von Goffman aber nicht gesagt). 12. Gehen Gruppenausrichtung und Ich-Identität überhaupt zusammen?Der eben mit Goffman formulierte Vorbehalt gegen die beiden Herausbildungen einer Ich-Identität vermittels Gruppenausrichtung (In-group oder Out-group) und die dabei reproduzierten Daseinsrezepte wird von Goffman noch prinzipieller gefasst:
Was bei Gruppenausrichtungen die Ich-Identität bestimmt, sind nach Goffman also nicht persönliche Gesichtspunkte, sondern gleichsam Gruppengesichtspunkte (von Goffman so nicht bezeichnet), die mit der Position der Gruppe in der Gesellschaft verknüpft sind. Für den Soziologen, der Goffman ja ist, kommt dieses - wie er im zuletzt zitierten Satz zum Ausdruck bringt - nicht überraschend. Dabei wäre aber an die Bestimmung der Ich-Identität zu erinnern, wie sie Goffman zu Beginn des Kapitels gab (vgl. auch ganz oben, rechts vom gelben Kasten). Dort nämlich spielten die von Goffman hier wieder ins Spiel gebrachten persönlichen Gesichtspunkte des Individuums eine wichtige, wenn nicht gar die entscheidende Rolle. Es ging bei der Ich-Identität ja doch um ...
Diese Bestimmung der Ich-Identität als wesentlich eine subjektive und reflexive Angelegenheit, worin das Individuum bedeutende Freiheiten der Gestaltung besitzt, steht im Widerspruch zur soziologischen - vielleicht müsste man besser sagen: soziologistischen - Einsicht, die Goffman im weiter oben Zitierten formulierte, nämlich, dass das, was ein Individuum ist oder sein könnte, von der Stellung deriviert, die seinesgleichen in der Sozialstruktur einnehmen. Es stellt sich die Frage: Wie können persönliche Subjektivität und Reflexivität in der Ich-Identität bestimmend sein, wenn eben diese Ich-Identität durch die Gruppenausrichtung respektive durch die von der Gruppe und deren Repräsentanten vermittelten Daseinsrezepte bestimmt ist? Das stigmatisierte Individuum ist zwar weniger ausgesetzt, wenn es die von der Gruppe und deren Repräsentanten getragenen Rezepte reproduziert (Entlastung der sozialen/persönlichen Identität), doch ist sein Ich mit der Gruppe identifiziert, wodurch seine Ich-Identität den Stempel des Stigmatisierten umso definitiver trägt (wie wohl die soziale/persönliche Identität entlastet ist). Im Gleichen werden das Subjektive und Reflexive, die von Goffman für die Ich-Identität hervorgehobenen bedeutenden Freiheiten in der Gestaltung zum Verschwinden gebracht: Ich-Identität ohne frei reflektierendes Ich! Das ist der Preis, den das stigmatisierte Individuum für seine derart zugelegte Ich-Identität und die damit erreichte Spannungslinderung (soziale/persönliche Identität) zu bezahlen hat. So wird es von den Normalen am ehesten toleriert. Goffman scheint sich bewusst zu sein, dass die auf Gruppenausrichtung basierte Ich-Identität seinem Begriff von Ich-Identität nicht recht entspricht, auch wenn er es so nicht sagt. Am Begriff der Authentizität handelt er den Widerspruch implizit nämlich nochmals ab:
Wenn das stigmatisierte Individuum den Verhaltenskodizes zu folgen vermag, dann ist es reell und wertvoll, das heisst authentisch, wenn es nicht zu folgen vermag, ist es eine selbst betrügende, missgeleitete Person. Goffman hebt den Gegensatz wohl extra derart hervor, um zu zeigen, wie unwohl ihm dabei ist. Das eben Zitierte formuliert Goffman ziemlich am Anfang seiner Ausführungen zur Ich-Identität. Am Ende dieser Ausführungen und nach seiner Analyse der Identitätspolitik vermittels Gruppenausrichtung zieht er das folgende Fazit:
Goffman hält fest, dass dem stigmatisierten Individuum gesagt werde, dass es wie jeder andere ist und dass es dies nicht ist. Der zweite Teil der Aussage wird ihm durch die Botschaft vermittelt, es solle nicht täuschen respektive seine Gruppe nicht fallen lassen und also immer auch zugeben, dass es nicht wie jeder andere ist. Das stigmatisierte Individuum soll durch die ganze erzeugte Schein-Normalität hindurch (Botschaft: es sei wie jeder andere) beständig auch zugeben, dass es nicht wie jeder andere ist, in anderen Worten: dass es ein stigmatisiertes Individuum ist und bleibt. Das heisst genau genommen nun aber nicht - wie Goffman es formuliert - dass es vielleicht überhaupt keine 'authentische' Lösung gibt, sondern nur, dass die von den Repäsentanten vermittelte Lösung (Ich-Identität vermittels Gruppenausrichtung) keine solche sein kann, wenn es denn überhaupt darum geht, für das Problem eine 'authentische' Lösung zu finden. Das Ziel hätte ja doch darin zu bestehen, dass es wirklich und nicht nur zum Schein zu keinen Stigma-Prozessen mehr kommt. Fortsetzung folgt im nächsten Kommentar K168 ... |
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